Freitag, 28. Januar 2011

Fleisch 1 - 100

Fleisch



von



Klaus Peter Buchheit



München / Augsburg 2003 - 2005

































Si c’est humide

C’est comme si


L’amour ou quelle

Terreur avait

Laissé sa trace

Jean Tortel








1.

Fleisch wollte

Fleisch also

bekam er

immer nur

sich selbst zu

Gesicht was

Fleisch langsam

zu einem

Schmorbraten

werden ließ



2.

einst wollte

Fleisch auch ein

Schmetterling

sein der in

Birmas Wald

umher fliegt

aber er

erzeugte

nur den Sound

des Klatschens







3.

die Jungen

wollten Fleisch

den Hunden

zum Fraß vor-

werfen doch

Fleisch ließ sich

den Arsch von

den Hunden

abschlecken

und lachte



4.

warum lässt

du nicht vom

Schinken ab

fragten sie

Fleisch weil ich

zum Schinken

strebe und

weil ich es

deshalb will

sagte Fleisch







5.

Fleisch ist auf

der Suche

nach einem

Knochen er

hat in der

Stadt Leere

und auf dem

Land Kom-

posthaufen

gefunden



6.

Fleisch sah den

Vogel auf

die Straße

scheißen sah

die Mutter

das Kind an

ihre Brust

halten und

wusste nicht

wohin schaun







7.

als sie Fleisch

sagten er

müsse noch

warten und

Geduld und

Contenance

haben fing

er an ganz

fürchterlich

zu stinken



8.

Fleisch ist ein

sinnloses

Gewebe

schreit sie ihm

kühl hinter-

her wenn es

mich wärmt und

ich noch nicht

verwes‘ ist’s

gut denkt er







9.

jede Por‘

tut ihm weh

was mussten

sie Fleisch auch

so lang in

der Röhre

lassen er

hätte schon

längst in die

Welt gehört



10.

Faserriss

dachte Fleisch

jetzt hat es

mich erwischt

ach was ach

wo winkt sie

ab alles

Einbildung

also komm

endlich her







11.

mit einer

heißen Pfann‘

ließe ich

nie einen

Braten an-

brennen mit

einer Pfann‘

wär ich das

schärfste Ding

träumte Fleisch



12.

Fleisch schaute

an einem

warmen Tag

die Brüste

der Frauen

an und war

er konnte

es sich nicht

verschweigen

sehr entzückt







13.

Fleisch wollte

auch Frieden

aber er

verdiente

sein Geld nicht

damit wie

andere

die auch mit

dem Krieg Geld

verdienten



14.

die Reichen

die seien

korrupt und

schlügen sich

die Seele

ein sagte

man Fleisch er

glaubt es nicht

das sind doch

nur Menschen







15.

alter und

fetter Schlips-

träger und

Kostümhur‘

hüpfen durch

die Straße

und rülpsen

ein Grüß Gott

Fleisch ins Haar

Fasching ist



16.

wenn wenig

Fleisch hat und

sie nehmen

ihm davon

die Hälfte

töten sie

ihn die da

oben die

von uns un-

ten nehmen







17.

poetry

slam mit ob-

ligatem

Hinterher-

fest da geht

Fleisch lieber

an die Wurst-

bude und

murmelt sich

einen Vers



18.

Fleisch tanzte

auf einem

Bein im Park

und dachte

er sei ein

Kranich nun

da kam ein

Hund daher

und pisste

ihm ans Bein







19.

ach wie ist

mir mein Po

so kalt so

fürchterlich

kalt dachte

Fleisch entsetzt

und hielt schnell

denselben

in die Sonne

vor dem Klo



20.

beim in der

Nase mit

dem Finger

Bohren kam

Fleisch eine

Idee er

wollte jetzt

absolut

und für ganz

lang Kunst sein







21.

und jetzt lass

dir halt auch

mal etwas

sagen du

rohes Stück

sagte die

Zwiebel zu

Fleisch dem die

Augen ganz

feucht wurden



22.

Gemüse-

brühe hast

du im Hirn

Püree in

den Armen

sämige

Sauce in

den Eiern

sagt Fleisch sich

am Morgen







23.

Fleisch fegte

den Gehweg

im Park vor

seinem Haus

denn seine

Liebste die

wollte heut‘

kommen und

dann gehen

beide aus



24.

Fleisch wurde

nicht mehr froh

wenn sie ihn

hinab in

den Keller

schickten um

sich auf Eis

zu legen

um im Eis

zu leben







25.

im Abfluss

da sah Fleisch

das Leben

wie es geil

Insekten

besprang na

und brüllte

es ihn an

so ist das

eben hier



26.

beim Scheißen

seinen Schwanz

in der Hand

bemerkte

Fleisch dass nur

die Kunst ihn

irgendwann

verstehen

werde auf

der Erde







27.

also das

ist Fleisch von

deinem Fleisch

dachte Fleisch

und sprang kopf-

über in

den Spalt der

sich unter-

halb ihres

Bauchs auftat



28.

es zuckte

in seinen

Gliedern und

juckte in

seinem Bauch

Fleisch fühlte

den Kosmos

mit jeder

Faser des

Leibs wieder







29.

schütteten

Wasser und

Öl über

ihn sagten

er sei ein

heiliges

Fleisch in ihm

werde Gott

sich endlich

uns zeigen



30.

dein Haar steht

dir gut schreit

Fleisch in die

Welt wenn du

dich umdrehst

und mir zu

lächelst bin

ich glücklich

für den Rest

meiner Zeit







31.

sollen sie

doch alle

an ihrem

Spaß und den

Sprüchen er-

sticken ich

steh‘ dachte

Fleisch auf das

was einfach

jetzt geschieht



32.

Fleisch fühlte

ihren Fuß

in seiner

Hand und schrie

den blauen

Himmel an

dass verdammt

nochmal das

ein gutes

Gebet sei







33.

ein kleines

Engelchen

mit Flügeln

dran durch die

man sehen

konnte flog

nachmittags

durch den Traum

von Fleisch der

ruhig schlief



34.

den Vater

drückte Fleisch

mit den Stuhl-

beinen an

die Wand du

bist tot schrie

er du warst

von meinem

Fleisch dein Geist

ist es nicht







35.

in einem

Baumwipfel

sieht Fleisch sich

sitzen sich

nicht trauend

auch nur den

großen Zeh

zu rühren

oder zu

erwachen



36.

an einem

sonnigen

Tag legt Fleisch

sich an den

Fluss der ihn

irgendwann

ohne zu

zögern und

zu zaudern

mit sich nimmt







37.

tief unten

im Wasser

begegnet

Fleisch seiner

Mutter sie

sehen sich

einander

lange an

dann nimmt der

Fluss sie fort



38.

ein Karpfen

hat den Schwanz

von Fleisch im

Maul und schmatzt

und schmatzt bis

das Wasser

zu Milch wird

zur warmen

Morgenmilch

ihrer Lust







39.

über die

Klinge springt

Fleisch direkt

in das Bad

der Liebe

hinein das

Wasser spritzt

hoch und ver-

saut die Schlaf-

zimmertür



40.

wenn über

den Tag Fleisch

alleine

ist legt er

sich unter

die Decke

und hört die

Stimme des

Wesens das

im Bad wohnt







41.

wenn Fleisch spricht

dann graben

die Vögel

Löcher in

die Erde

damit der

Wurm sie hört

bevor er

wortlos ge-

fressen wird



42.

scheiß dir nicht

ins Hemd Kind

den Vater

reut es schon

wenn er vor

der roten

Ampel steht

und den Kopf

gegen das

Lenkrad schlägt







43.

Vater auch

nach vielen

Schnäpsen

geistiger

Enthemmung

sprichst du mit

Fleisch nicht wie

man mit Fleisch

vom eignen

Fleische spricht



44.

wessen Wort

hältst du in

eisernen

Händen aus

hartem Erz

gegossen

wessen Wort

hältst du uns

denn hin Fleisch

weiß es nicht







45.

lös dich auf

lös dich doch

auf singt Fleisch

und zappelt

mit der Hand

mit dem Fuß

schwingt den Po

hin und her

lös dich auf

du Schaumbad



46.

Fleisch hüpft von

einem Bein

aufs andre

und schüttelt

den Kopf ein

Tier das glaubt

das Fressen

das da stand

sei seines

gewesen







47.

je merkte

Fleisch an dass

sie es doch

gewesen

sei die ihn

zuerst wahr-

genommen

hätte sie

schwieg höflich

und lachte



48.

ach wie sehr

lachte Fleisch

dass ihm die

Luft wegblieb

als er die

Bücher las

die sie ihm

gegeben

hatten sie

sind jetzt sein







49.

Fleisch kannte

jetzt eine

Müdigkeit

in seinen

Gliedern und

in seinem

Kopf deren

Grund nur die

ganze Welt

sein konnte



50.

ich küsse

ihre Hand

Madame singt

Fleisch vor sich

hin und denkt

in der Not

geben sie

Almosen

aber nicht

ihre Hand







51.

wirklichen

Ruch holt man

sich nicht bei

gekauften

Netzstrümpfen

entweder

du hast den

Schweiß am Bein

oder du

bist spießig



52.

die armen

Säue die

Fleisch nicht mehr

bedienen

wollen weil

er ärmlich

aussieht sie

sind arme

Säue die

im Arsch sind







53.

ich atme

in ihren

Ausschnitt und

die Brüste

werden hart

Madame sie

können es

nicht leugnen

denn Fleisch ist

niemals satt



54.

sie sitzt beim

Alten auf

dem Schoß und

hofft dass er

sie tragen

werde bis

sie weiß wen

sie will Fleisch

weiß dass das

nicht passiert







55.

der Alte

wird sie in

ihren Arsch

ficken und

dann sich den

Schwanz säubern

lassen und

sie auf die

Straße zu

Fleisch werfen



56.

Fleisch steht am

Baum und schaut

zu wie der

wächst schaut nicht

links nicht rechts

er will es

nicht wissen

will sehen

wie der Baum

empor wächst







57.

lass mich mit

Kapellen

römischen

Kirchen und

Altären

zufrieden

greint Fleisch was

wollen die

die gehen mich

nichts an



58.

Grunewalds

Hand des Herrn

hält im Fluss

das Denken

von Fleisch denn

ohne die

Hand wäre

Fleisch nur ein

armer und

blöder Depp







59.

und nicht das

große Wort

führe im

Mund wenn du

mir gestehst

dass du mich

liebst und mich

begehrst sprach

Fleisch zu dem

Baum vor ihm



60.

der Schnee schmilzt

runter vom

Schuh und die

Kristalle

nässen Fleischs

Haar man um-

stellte die

Welt mit ver-

steckten Schall-

schutzmauern







61.

wieso so

fragte sich

Fleisch erleb‘

ich in dem

Getümmel

das Gefühl

von einer

Ekstase

von Leibern

niemals nicht



62.

heute trug

Fleisch eine

Maske er

wollte mal

unerkannt

so richtig

zeigen wer

er wirklich

im Herzen

im Kopf sei







63.

sie malte

auf seinem

Rücken ein

östliches

Schriftzeichen

mit ihren

Fingern Fleisch

gefiel es

er war jetzt

gezeichnet



64.

Fleisch atmet

auf als er

den Schuh löst

die feuchte

Socke vom

Fuß streift und

mit seinen

Zehen das

Einmaleins

der Lust schreibt







65.

gräuliche

Figürchen

aus Plastik

laufen berg-

ab ins Grab

ins tiefe

Massengrab

auf Wieder-

sehen im

Massengrab



66.

Fleisch rannte

im Park und

es quälten

Probleme

ihn doch es

kreuzte ein

Kaninchen

seinen Weg

und was weh

tat verschwand







67.

Omphalos

dachte Fleisch

als sie ihm

sanft seinen

Bauchnabel

ausleckte

er sagte

Omphale

zu ihr und

lachte laut



68.

wie ein Hund

wollte Fleisch

leben wie

ein Köter

räudig sein

dürfen als

sie ihn streng

bei Kaffee

und Kuchen

verhörte







69.

Fleisch flog einst

die Allee

in Richtung

Wurstbude

hinab die

Arme seit-

wärts ausge-

streckt und die

Beine leicht

abgespreizt



70.

ruhig ging

Fleisch diesen

Bürgersteig

entlang und

hörte still

dem Klacken

der Schuhe

zu das mit

Schwung um die

Ecke bog






71

wie eine

Wunde hat

sich Fleisch für

kurze Zeit

geöffnet

und lässt den

Duft seiner

Seele in

die Welt hin

aus fahren



72

manchmal kam

es Fleisch vor

wenn er mehr

und mehr mit

sich zu tun

hatte dass

er nach und

nach seine

Abmessung

verlöre







73

stecke mir

ein Blümchen

in meinen

Nabel und

singe mir

deinen Wunsch

mit klaren

Worten vor

bat Fleisch die

Geliebte




74

ach mit den

Streichhölzern

der Augen

zünde doch

die Lunte

an die mir

soweit aus

der Nase

hängt dass Fleisch

drüber fällt






75.

flirrend im

Tageslicht

der Städte

wünschte sich

Fleisch ganz ganz

fest dass er

sich sagen

könnte das

Leben es

lebe ihn




76

ich bin nichts

weiter als

ein Stück Fleisch

dachte Fleisch

und war sehr

erregt ob

seines Ein

falls er sprach

es fast wie

ein Gebet






77

die uner

müdliche

Ausdauer

der sieben

Schachspieler

auf dem Platz

die hätte

Fleisch gern wenn

der Traum ihn

umklammert




78

zwar schnitt Fleisch

tief im Kopf

seinem Feind

Rot eine

Grimasse

aber das

Kind auf dem

Arm lachte

ihn dennoch

ganz lieb an






79

fahr mit mir

ans Meer ach

fahr mit mir

doch an Meer

trällert Fleisch

vor sich hin

dann schwimmen

wir nämlich

im selben

Element




80

Waschbrettbauch

dachte Fleisch

so was hab

ich nicht und

ließ kleine

Kügelchen

aus Brotteig

seinen Bauch

lustig hin

ab rollen






81

entsprechend

der fremden

Sitte nahm

Fleisch seine

Wünsche und

den Hefter

zur Hand und

heftete

sie an die

Baumblätter




82

manchmal saß

das Leben

Fleisch fest im

Nacken so

dass er beim

Gehen mit

den Lippen

über den

Sand schleifte

wie ein Depp






83

in einer

Nacht suchte

Fleisch Stunden

lang den Mond

am Himmel

er fragte

alle Leut

doch niemand

wusste wo

der Mond war




84

als Fleisch mit

einer Frau

zusammen

lag wollte

er von sich

erzählen

sie sagte

nein zog sich

an und kam

nie wieder






85

morgens tritt

Fleisch auf den

Balkon und

berichtet

den zwei drei

Pflanzen die

er besitzt

in kurzen

Worten den

Traum der Nacht




86

wo sind die

lasziven

Mädchen hin

fragte Fleisch

keuchend und

wehrlos im

Schwitzkasten

der strengen

Matrone

feststeckend






87

bei Regen

lief Fleisch durch

den Park in

dicken und

ganz fetten

Tropfen fiel

das Wasser

herab dass

niemand Fleisch

weinen sah




88

Fleisch legte

sich auf die

Erde und

hörte den

Würmern zu

so konnte

er endlich

wieder fest

schlafen als

wärst du da






89

in einer

Mülltonne

lebte Fleischs

geistiger

Bruder der

ihm weiter

half wenn er

wie so oft

ganz dumm im

Kopfe war




90

sie schlugen

Fleisch eines

Abends so

richtig doll

aufs Maul weil

sein Kussmund

die Jungs in

sabbernde

Verlegen

heit brachte






91

tausendmal

schrie Fleisch die

Nelke an

dass er die

Frau liebte

aber die

Nelke sprang

nicht auf und

unternahm

rein gar nichts




92

Fleisch wusste

es sind nur

die Reichen

mit ihren

Milliarden

die uns die

Hölle auf

Erden auf

unsren Wunsch

besorgen






93

die Frau mit

der Peitsche

lachte von

oben auf

Fleisch herab

und fügte

ihm rote

Striemen zu

Fleisch flehte

mehr mehr mehr




94

wie ein Hund

schnupperte

Fleisch an dem

Strauch im Wald

ob er noch

den Geruch

von der trug

die hier vor

Jahren ihr

Wasser ließ






95

Nichtigkeit

des Tiefsinns

spürte Fleisch

hinter der

Stirn als er

sie sprechen

hörte von

dem was zu

tun sei jetzt

zu tun sei




96

den Grund der

Kindheit hat

Fleisch damals

verloren

seitdem hängt

er in der

Luft wie ein

Auto auf

der vollen

Autobahn






97

in seinem

Gitterbett

hörte Fleisch

das Schlagen

der Uhr die

Stunde um

Stunde schlug

als er Kind

war damals

im Kindbett




98

Fleisch denkt an

die Zeit als

er aus dem

Fenster auf

den Weiher

sah und der

Zug fuhr am

Ufer vor

bei in die

Welt hinaus






99

auf dem Spiel

platz zeigten

zwei Kinder

mit ihren

Fingern auf

Fleisch damals

erkannte

Fleisch dass die

Welt rund ist

wie Scheiße




100

Fleisch riss die

Blätter vom

Kastanien

baum als er

jung war denn

er hätte

für ihre

Schönheit selbst

einen Baum

erschlagen